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Interview (Musik)Blättern: Vorheriger Artikel | Nächster Artikel

Camouflage

In den 80ern entstanden viele Bands, die sich bis heute ihren Kultstatus erhalten konnten, und die auch bis heute aktiv sind. Eine dieser Gruppen ist "Camouflage", deren Hits wie "Love is a shield" oder "The Great Commandment", nicht nur eine ganze Generation geprägt, sondern die Jahrzente überdauert haben und überdauern werden.
In Kürze erscheint dann auch ihr neuestes Werk mit dem Namen Relocated, welches in meinen Augen und Ohren sicher zu dem Besten gehört, was derzeit auf den Markt kommt.
Grund genug für mich, mein erstes Telefon-Interview zu führen, und mit Marcus Meyn von Camouflage ein paar Takte zu plaudern.

Otti:
Nächsten Monat erscheint Euer neues Album Relocated. Mit welchem Gefühl erwartest Du das Release?
Marcus:
Ich hab keine Ahnung was auf uns zukommt. Ich weiß es wirklich nicht. Wir sind sehr gespannt.
Otti:
Naja, ist die Frage, wenn es erscheint kann es sein, daß es einschlägt wie eine Bombe, kann auch sein, daß es mäßig wird. Also schlecht wirds bestimmt nicht, ich durfte es ja schon hören.
Marcus:
Ja, aber das ist halt immer ein Lotterie-Spiel. Und ich habe keine Ahnung, wie dieses Mal die Würfel fallen.


"Wenn Du nachts aufwachst und nen Song wie "The Perfect Key" träumst, dann kannst Du nicht aufhören Musik zu machen."

Otti:
Schauen wir mal. ;)
Hat denn der Titel Relocated eine tiefere Bedeutung?
Marcus:
Für uns war das so, wir suchten etwas Räumliches für unseren Titel, es ist ja viel passiert. Das erste Mal seit 1990 haben wir zusammen ein Studio in einer Stadt, leben alle drei in der gleichen Stadt, und haben dadurch die Möglichkeit, zusammen zu arbeiten. Heiko hat seinen Lebensmittelpunkt von Stuttgart nach Berlin verlegt, wir haben ne neue Plattenfirma, und so weiter... Es sind soviele Veränderungen passiert, die wir in einem Wort zusammenfassen wollten. Dabei lief uns irgendwann dieses Relocated über den Weg, und dafür haben wir uns dann entschieden.

Otti:
Zu Euerer neuen Plattenfirma habe ich auch meine nächste Frage. Und zwar ist Relocated ja das erste Album bei "SPV", hattet ihr viel Eigenständigkeit bei der Produktion, und wie sind die Arbeiten verlaufen?
Marcus:
Also, im Gegensatz zur Arbeit mit "Universal", hatten wir keine Diskussionen mit "SPV", bezüglich der Produktion, in keinster Weise. Wir sind für sowas zwar ziemlich offen, aber irgendwie kam da nichts von deren Seite, also haben wir einfach unsere Platte gemacht.

Otti:
Ich möchte jetzt auch gar nicht das ganze Album auseinander nehmen. Mein Lieblingssong auf Relocated ist "The Perfect Key". Die Frage ist, wie entsteht genau so ein Song? Kommt erst die Musik, oder die Texte, und wie formt ihr das zusammen?
Marcus:
Der Song, den hab ich geträumt! Auch wenn das jetzt bescheuert klingen mag, ich bin aufgewacht, und hatte diese Musik im Kopf. Dann habe ich mich an meine Instrumente gesetzt, und hab ihn einfach aufgenommen. Ich habe ihn erstmal auf mein Diktiergerät gesungen, und dann ausgearbeitet. Während der Produktion haben wir das Stück dann völlig auseinander genommen und in einer ganz anderen Art und Weise produziert. Einfach weil wir uns nicht einig werden konnten, was letztlich der beste Weg ist, der zum allerbesten Ergebnis führt. Bis Heiko auf die Idee kam und Gitarre gespielt hat, und zu mir meinte "Sing doch einfach mal dazu, vielleicht ist das ja ein Ansatz."
Und dann haben wir diesen Ansatz auch gewählt für die Produktion.

Otti:
Euere ersten Alben in den 80ern waren auch sehr erfolgreich. Danach kam aber eine Phase, in der viele Flauten, Enttäuschungen, Misserfolge immer wieder aufkamen. Wie schafft man es, dabei einfach nie aufzugeben, und immer weiter zu machen?
Marcus:
Keine Ahnung. Ich kann es dir echt nicht sagen. Wir sind positive Menschen, wir lassen uns nicht unterkriegen. Irgendwie verlieren wir nicht den Glauben daran. Es macht soviel Spaß, und es gibt soviel was einen motiviert... Es gibt soviele Leute die einen motivieren, Fans, dann auch der eigene Drang Musik zu machen. Ich meine, wenn Du nachts aufwachst und nen Song wie "The Perfect Key" träumst, dann kannst Du nicht aufhören Musik zu machen. Das geht nicht.

Otti:
Und das ist auch gut so. Kommen wir nochmal zum Thema Plattenfirmen. Ihr habt euere recht häufig gewechselt. Jetzt ist Heiko aber auch selbst als Produzent tätig, warum habt ihr eigentlich nie ein eigenes Label zu gründen? Viele andere Bands machen das doch auch.
Marcus:
Ja, wir hatten darüber lange gesprochen, bevor wir den Vertrag mit "SPV" unterschrieben haben. Aber zu dem Zeitpunkt war ich auch noch bei einer Plattenfirma tätig, Olli ist es ja nach wie vor, und ich habe den Beiden einfach gesagt, daß wir das nicht stemmen können. Es ist so zeitaufwendig, ein eigenes Label zu haben... Zu dem Zeitpunkt war das einfach nicht möglich. Wenn wir heute die Chance hätten, würden wir das selber machen, aber damals gab es die zeitliche Möglichkeit einfach nicht.

Otti:
Ich habe mich oft mit Leuten über euch unterhalten, und dabei ist mir aufgefallen, daß da immer wieder der Vergleich zu "Depeche Mode" aufkommt. Ist das eher ein Lob, oder nervt es, wenn ihr in deren Schatten gestellt werdet?
Marcus:
Ich meine, man muß sich vorstellen, mit welcher Band man da verglichen wird. Das sind Superstars! Martin Gore ist sicher einer der größten Songwriter der Welt. Damit verglichen zu werden ist ja letztendlich eine Ehre. Wir haben damit überhaupt kein Problem, die machen ihr Ding, wir machen unseres. Und daß es da auch musikalische Überschneidungen gibt, das kann man nicht ändern. Das Genre in dem wir uns bewegen, ist soundtechnisch schon relativ eng gesteckt, da sind solche Überschneidungen ganz natürlich.

Buchmaxe

Otti:
Habt ihr denn Kontakt zu den Leuten von "Depeche Mode"?
Marcus:
Nee.
Otti:
Wäre doch mal interessant, vielleicht ein gemeinsames Konzert zu geben oder so?
Marcus:
Ja, aber sowas hat sich noch nie ergeben.

Otti:
Wäre vielleicht mal ein Plan!
Wie viele Bands aus euerem Genre, also quasi Elektro-Pop-Bands, gerade aus den 80ern, habt ihr auch besonderen Anklang bei den Gothics gefunden. Ich denke aber mal, daß ihr eigentlich nie vorgehabt habt, speziell für diese Szene, oder für irgendeine andere, Musik zu machen. Wie erklärst Du dir diese Verbindung, und die Resonanz der "Schwarzen", auf Euere Musik?
Marcus:
Ich für mich habe das Gefühl, daß diese Leute bei weitem toleranter sind, als die meisten Menschen, die sich als tolerant bezeichnen. Also ich meine, wenn wir auf dem Wave Gotik Treffen spielen, dann kommt mir das manchmal vor, als ob wir da stehen wie die Paradiesvögel. Im Vergleich dazu, was für andere Bands auftreten, und was für Musik da läuft. Und trotzdem ist die Agra-Halle voll, trotzdem sind die Leute begeistert, gehen mit, singen die Songs mit. Das ist Wahnsinn! Ich bin sehr glücklich darüber, in deren Gemeinde aufgenommen zu sein. Auch wenn ich kein Teil der Gothic-Szene bin, fühle ich mich darin trotzdem wohl, weil die Leute einfach Klasse sind!

Otti:
Was mir auch aufgefallen ist... Ihr hattet relativ früh schon große internationale Erfolge, ihr seid aber erst 2003 richtig ins Ausland gegangen um dort aufzutreten. Wie kommts, daß ihr vorher immer nur in Deutschland gespielt habt? Und welche besonderen Erlebnisse verbindest Du mit den Auftritten 2003?

Marcus:
Daß wir vorher nicht im Ausland gespielt haben, das lag einfach daran, daß wir bescheuert waren. Wir haben früher die Philosophie gehabt, wir warten mal einfach was passiert, und wenn die Plattenfirma bereit ist das zu zahlen, dann kommen wir auch in ein Land und spielen dort Konzerte. Aber den Plattenfirmen war das immer zu teuer. Unser jetztiger Booker, der Kai, der hing uns schon seit Jahren in den Ohren, wir sollten doch endlich mal wieder ein Konzert spielen. Und als wir das dann 2000 in Freiberg gemacht haben, da waren wir dermaßen erstaunt darüber, welche Resonanz das erzeugt, und wieviele Leute da kommen, daß uns das einfach motiviert hat, dieses ganze Ding zu überdenken, und seitdem spielen wir einfach auch live. Heute sind wir auf dem Standpunkt, daß wir agieren, statt nur zu reagieren. Damit haben wir es auch geschafft, in einigen Ländern wieder Veröffentlichungen zu bekommen, weil wir zu Universal damals gesagt haben: "Paßt auf: Wir spielen in Istanbul, wir spielen in Barcelona, in Madrid, in Stockholm, weiß der Kuckuck wo. Seht zu, daß die Platte im Laden steht, und wir dort Promo machen können." So waren wir früher einfach nicht drauf. Das ist ne ganz simple Erklärung dafür.
Und die Erlebnisse, die wir dabei hatten... Ich meine, wenn Du noch nie in einem Land gespielt hast, und stehst da vor 3500 Leuten, die deine Musik mitsingen, jedes Wort, jeden Ton kennen, das ist der Wahnsinn! Sowas hast Du noch nicht erlebt!

Otti:
Mein bisher einziges Live-Erlebnis war ja das letztjährige Amphi-Festival. Wie hast Du diesen Auftritt erlebt?
Marcus:
Das ist im Grunde genommen wie der Auftritt beim Wave-Gotik-Treffen. Vor uns haben "Die Krupps" gespielt, und nach uns "In Extremo" im Mittelalterstil, und dazwischen kommt einfach ne Band die spielt "Love is a shield". Also das ist für uns immer wieder ein Erlebnis! Es ist immer wieder unglaublich! Aber die Resonanz war gut, die Leute waren gut drauf.. Die hatten nen schönen Abend, wir hatten nen schönen Abend. Was besseres gibts doch gar nicht!
Otti:
Habt ihr denn bei solchen Gelegenheiten auch Kontakt zu den anderen Bands und tauscht euch mit denen aus?
Marcus:
Nee, eigentlich fast nicht. Ich kenn auch fast niemanden aus der Szene. Also weißt Du, man trifft sich dann vielleicht Backstage, beim Catering oder so, und du unterhältst dich vielleicht ein bißchen, aber so einen richtig engen Kontakt habe ich eigentlich zu fast gar keinen Bands.
Otti:
Also auch nicht außerhalb der schwarzen Szene?
Marcus:
Ich meine, ich kenn natürlich viele Musiker, auch durch die 10 Jahre Plattenfirma, aber über unsere Band geknüpfte Kontakte, die sind da sehr überschaubar, also die Bands mit denen wir da in engem Kontakt stehen.

Otti:
Genau darauf wollte ich auch noch eingehen. Du hast bei einer Plattenfirma gearbeitet, allgemein seid ihr alle drei immer in der Musikbranche tätig gewesen. Hat das auch irgendwie Einfluss auf euere gesammelten Erfahrungen, und auf die Musik von "Camouflage"?
Marcus:
Also auf die Musik mit Sicherheit nicht! Aber auf unseren Umgang mit Plattenfirmen auf jeden Fall. Wir hatten auch schon sehr oft die Erlebnisse, daß, wenn wir dann bei einer Plattenfirma waren, und die Leute dann erfahren haben, daß ich Marketing mache, Product Management mache, bei ihrem Konkurrenten, dann sind sie schon zusammengezuckt. Weil sie dann einfach merken, daß sie uns nicht irgendwelchen Scheiß erzählen können. Ich kenne diesen ganzen Scheiß eben, was Bands erzählt wird, oder was die einem gerne vormachen, was sie versuchen zu kaschieren, wie auch immer. Das nimmt natürlich schon Einfluß drauf, wie wir mit diesen Firmen dann auch umgehen.
Bei unserer Musik steht das aber völlig aussen vor. Das Eine hat mit dem Anderen nichts zu tun.


"Auch wenn ich kein Teil der Gothic-Szene bin, fühle ich mich darin trotzdem wohl, weil die Leute einfach Klasse sind!"

Otti:
Was war für dich das schönste menschliche Erlebnis in der Zeit mit Camouflage?
Marcus:
Das schönste menschliche Erlebnis... Also, das schönste menschliche Erlebnis für mich ist eigentlich, daß ich seit 23 Jahren mit zwei Typen Musik mache, die ich schon so lange kenne, und immernoch Musik mache, noch immer mit denen befreundet bin, mich privat mit ihnen treffe und austausche, und eigentlich die innigste freundschaftliche Beziehung pflege, wie mit sonst keinem anderen. Abgesehen von meiner Frau.

Otti:
Ich denke mal Du nimmst ja auch wahr, was in der Welt abgeht, und gerade jetzt ist zum Beispiel im Nahen Osten wieder Krieg, Kriegsgefahr. Was denkst Du über solche Sachen?
Marcus:
Was ich darüber denke? Es ist Wahnsinn... Es erschüttert mich doch immer wieder. Weißt Du, wenn ich das lese, wenn ich das sehe, da fehlen mir einfach die Worte. Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll, das ist einfach dermaßen unfassbar! Also was in Israel passiert, genauso was im Irak passiert, daß die Leute das alles so mit sich machen, da fehlen mir echt die Worte! Alles was so auf der Welt passiert, an furchtbaren Dingen, da komm ich gar nicht drauf klar. Einfach weil ich nicht so bin, und viele Sachen überhaupt nicht nachvollziehen kann. Was bewegt Menschen, sowas zu tun? Was bewegt Menschen, sich selber in nem Omnibus in die Luft zu sprengen? Oder mit ner Autobombe irgendwo reinzufahren? Oder, wieso schießt jemand seine Familie nieder, was bewegt ihn dann? Solche Sachen bedrücken mich sehr...

Otti:
Okay, hast Du sonst noch irgendwas, was Du loswerden willst gerade? An unsere Leser?
Marcus:
Ich möchte euere Leser einladen, auf unsere Tour zu kommen im September und im Oktober, und mit uns zusammen nen schönen Abend zu verleben. Das würde uns sehr freuen!
Otti:
Wunderbar. Vielleicht komme ich ja auch. ;)
Marcus:
Ja das hoffe ich doch!

Art des Interviews: Telefon
07/18/06 by Otti
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