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Interview (Musik)Blättern: Vorheriger Artikel | Nächster Artikel

Vogelfrey: Denn zum Essen sind sie da!

Das folgende Interview mit Vogelfrey hatte ich ursprünglich für das Negatief geführt, in dessen aktueller Ausgabe es auch erschienen ist. Allerdings gab es da ein Problem, im Heft hatten wir nur eine Seite Platz, Sänger Jannik stellte sich aber als sehr erzählfreudig heraus, und so musste ich das Ganze fürs Negatief leider doch sehr stark kürzen. Es wäre schade um die vielen spannenden Anekdoten und Informationen, die mir der Musiker erzählt, wenn ihr diese nicht alle lesen könntet - und so veröffentliche ich das ungekürzte Inteview in Absprache mit allen Beteiligten nun hier.
Das Negatief bekommt ihr übrigens kostenlos(!) in zahlreichen Clubs, Musikläden oder an anderen finsteren Orten - Oder ihr geht einfach auf www.negatief.de und holt es euch gleich im Abo. In diesem Fall zahlt ihr nur die Portokosten, das Heft selbst ist auch dann gratis.
Aber nun viel Spaß mit Jannik von Vogelfrei.

Otti:
Seid gegrüßt, werte Spielleute von Vogelfrey. Nach über 6 Jahren der Reisen und des Spiels vor Publikum habt ihr nun endlich eine erste eigene Silberscheibe erstellt, wie stolz seid ihr auf das Wiegenfest?

Jannik:
Wir sind auf jeden Fall sehr stolz auf unser "Erstgeborenes". Die Produktion war eine ganz schöne Plackerei und eben auch unsere erste. Innerhalb der Jahre seit der Gründung gab es natürlich immer wieder das Vorhaben, endlich eine Platte zu machen, aber ich habe das Gefühl, dass es gut war so lange zu warten. Wir haben im Vorfeld der Aufnahmen sehr hohe Ansprüche an unser Debüt gestellt und uns vorgenommen die auch zu erfüllen. Dieses Ziel haben wir mit Wiegenfest erreicht!


"Eine Fee ist am besten leicht angebraten oder aufgekocht zu genießen."

Otti:
In einem Studio zu sitzen und dort die Musik einzuspielen ist natürlich etwas ganz anderes, als live auf der Bühne zu performen. Wie habt ihr diese Zeit erlebt und was waren eure persönlichen Highlights während der Aufnahmen?

Jannik:
Die Studioarbeit war für einen Teil von uns was ganz Neues und in sofern sehr spannend, aber eben auch ungewohnt. Unsere Streicher Alex und Johanna haben bisher im Rock-Kontext noch keine Aufnahmen gemacht und nun auf dem Album ja passagenweise ganze Orchestren eingespielt. Generell bestand die Herausforderung auch darin, dass da halt im Gegensatz zur Bühne keine Meute Menschen vor uns steht, denen ich als Sänger die Geschichten erzählen kann und die zu unseren Songs abgehen. Da ist nur ein Mikro und die Wand vom Aufnahmeraum. Dank unseres Produzenten Danny war eventuelle anfängliche Scheu aber schnell überwunden und das hört man, denke ich. Die Zusammenarbeit mit ihm kann man auch getrost als Highlight bezeichnen. Es war super mit einem weiteren - äußerst kreativen - Paar Ohren die Songs weiter auszureifen und ein Riesenspaß zu experimentieren und unseren Songs so neue Details hinzuzufügen. Vor allem war es ein unbeschreibliches Gefühl die Lieder, die wir eigentlich schon in und auswendig zu kennen glaubten, am Ende in ihrem neuen Gewand zu hören!

Otti:
Wie darf man sich das Songwriting generell vorstellen, wer übernimmt hierbei welche Aufgaben?

Jannik:
In der Regel schreiben Chris (Bass) und ich die Songs. Das läuft dann meistens so ab, dass einer von uns Musik und Text des jeweiligen Songs fertig auskomponiert und dann Notenmaterial in den Proberaum mitbringt, manchmal auch ne Demo. Da verleihen wir dem Lied dann in der ganzen Band den letzten Schliff. Diese Arbeitsweise hat sich bei uns gut bewährt. Natürlich kann es auch mal vorkommen, dass beim Jammen ein schickes Riff oder eine gute Melodie entsteht, der Song daraus entsteht im Endeffekt aber bei uns zuhause. Beim Songwriting ist uns Vielfalt sehr wichtig. Wir legen viel Wert darauf, dass die Songs sich voneinander abheben, was uns gleichzeitig ermöglicht verschiedenste musikalische Einflüsse in unseren Sound zu integrieren. Chris und ich bringen natürlich jeder unsere eigene Note in die Songs ein, was dem Abwechslungsreichtum auch sehr dienlich ist. Zur Zeit entstehen auch erste Ansätze unseres Geigers Alex, was sicherlich wieder eine interessante neue Färbung in unsere Lieder bringen wird, da er ja ursprünglich aus der Klassik kommt.

Otti:
Über die Jahre habt ihr ja sicher weit mehr als nur neun Songs (Intro und Outro mal ausgespart) geschrieben. Nach welchen Kriterien habt ihr denn die enthaltenen Stücke auf Wiegenfest ausgewählt?

Jannik:
Da gabs verschiedene Gesichtspunkte. Wir haben überlegt, welche Songs uns am besten repräsentieren, welche live gut angekommen sind und welche uns selber am besten gefallen. Dann hatten wir glaub ich am Ende elf auf der Liste, von denen zwei aus verschiedenen Gründen die Vorproduktion nicht überlebt haben. Aus den sechs Jahren seit der Gründung gab es einfach ein paar Songs wie Heldentod, Feenfleisch oder Puella Rufa, die eigentlich nur aufs erste Album kommen konnten, weil sie schon feste Säulen unserer Konzerte gebildet haben oder einfach auf dem zweiten Album keinen Platz mehr haben würden. Ein paar Songs schieden wiederum im Vorfeld aus, weil wir sie eher auf dem zweiten Album sehen oder sie nicht ausgereift genug waren.

Otti:
Wiegenfest als Titel impliziert auch ein wenig, dass es sich hier um eine Art Geburtsstunde handelt, seht ihr das Album als eine Art Neubeginn oder Start in einen neuen Lebensabschnitt?

Jannik:
Definitiv! Unser Debüt setzt für uns ein klares Zeichen, nämlich, dass wir es ernst meinen und nun bereit sind weiterzugehen. Die letzten Jahre waren eine sehr schöne Zeit voller unvergesslicher Momente und geiler Konzerte. Was aber eben immer gefehlt hat, ist eine CD. Nun ist es soweit und Wiegenfest ist für uns ein Beweis, dass wir als Vogelfrey eine Zukunft haben, dass es voran geht. Wir sind schon sehr gespannt auf die Reaktionen zum Album und wohin unser Weg führt. Mit dem Release wird für uns in jedem Fall ein neuer Abschnitt beginnen und wir freuen uns drauf!

Otti:
Eure Stücke handeln oft von Tod, Blut, Verderben und Krieg, romantische Elemente findet man bisher eher weniger. Würdet ihr euch denn eher als Krieger denn als Minnesänger bezeichnen?

Jannik:
Oh, das ist schwierig. Als sechsköpfige Kriegertruppe kann man uns glaub ich nicht wirklich bezeichnen, allein durch unsere im Durchschnitt nicht gerade übermäßig hohe Körpergröße ;). Minnesänger sind wir wohl tatsächlich auch eher nicht. Ein entsprechender Song wäre aber denkbar fürs vogelfreye Repertoire, Vergleichbares existiert sogar. Unsere Lieder behandeln in der Tat oft kriegerische Themen. Die dazu passende musikalische Untermalung geht live meistens gut ab und das macht Spaß. Inhaltlich muss man sagen, dass wir dieses kriegerische mit einem gewissen Augenzwinkern betrachten. Es ist alles schon stark romantisiert. Man sollte es nicht zu ernst nehmen.
Das ganze Blut und Sterben passiert einfach beim Texten. Wir nehmen uns meistens nicht bewusst vor über so etwas zu schreiben. Irgendwann haben wir mal alle Songs verglichen und gemerkt, dass es fast immer Todesfälle gibt. Ich weiß nicht, ob das eine psychologische Bewandnis hat. Ich hoffe nicht ;-). Das steckt natürlich alles irgendwie in dieser mittelalterlichen Thematik. Die Leute damals hatten schon nicht viel zu lachen. Allerdings existieren auch auf Wiegenfest romantische Anleihen. In Im schwarzen Hain geht es zum Beispiel um einen Mann, der sich im Traum ins Totenreich (ja, ich weiß, schon wieder Tod...) verirrt und dort seiner großen Liebe wiederbegegnet und was gibt es schon romantischeres als Liebe über den Tod hinaus?

Otti:
Ihr scheint sehr außergewöhnliche kulinarische Vorlieben zu haben, zumindest wenn man den Worten in Feenfeisch glauben schenken darf. Wonach schmecken die kleinen geflügelten Wesen denn, und wie bereitet man sie am Besten zu?

Jannik:
Den Geschmack zu beschreiben ist nicht ganz einfach. Da würde ich dem neugierigen Gourmet empfehlen, sich ein eigenes Bild zu machen. Aber Vorsicht! Feen sind nicht leicht zu bekommen und schwer zu fangen. Eine Fee ist am besten leicht angebraten oder aufgekocht zu genießen. Roh ist der Geschmack allerdings intensiver, äußerst delikat! Die feenspezifischen Aromastoffe erlauben allerdings keinerlei Beilagen oder Gewürze. Ein Glas Absinth ist dem "kulinarischen Erguss" dienlich, alles andere verfälscht den einzigartigen Geschmack. Dazu kann ich noch als Tipp angeben, dass zur akustischen Untermalung des Festmahls Feenfleisch aufzulegen ist. "Denn zum Essen sind sie da!"

Otti:
Im Gegensatz zu vielen Genrekollegen scheint ihr gänzlich auf die Sackpfeife als Instrument zu verzichten. War das eine bewußte Entscheidung?

Jannik:
Ja, das war sehr bewusst. Tatsächlich hatten wir mal in der Anfangszeit einen Dudelsackspieler in der Band, der dann aber für eine Ausbildung aus Hamburg weggezogen ist. Daraufhin haben wir uns entschieden, dass wir uns lieber mit einem wandlungsfähigeren Instrument mehr Möglichkeiten eröffnen wollen, als den Standard zu erfüllen. So kam dann Johanna mit ihrem Cello in die Band. Ein Marktdudelsack bietet weder vom Tonumfang, noch vom Klang her viele Facetten, das wäre uns auf Dauer zu eintönig. Für den altbekannten Tröt-Sound haben wir ja die Rauschpfeife.

Otti:
Mit Trollzorn habt ihr ja ein Label gefunden, welches euch stilistisch eine perfekte Heimat bietet. Wie kam denn der Kontakt hier zustande?

Jannik:
Wir haben die Jungs von Trollzorn auf dem CD-Releasekonzert von Ragnaröek kennengelernt, wo wir auch gespielt haben. Ich kannte das Label zu der Zeit noch nicht bewusst und hab, weil wir alle nach dem Konzert nicht ganz nüchtern waren, zuerst gar nicht verstanden worum es ging. Die Freude war natürlich groß, als wir dann im späteren Verlauf endlich begriffen hatten, dass uns gerade ein Plattenvertrag angeboten wird. Wir sind sehr froh über die Zusammenarbeit, besser hätte es nicht kommen können!

Otti:
Live konntet ihr schon äußerst viel Erfahrung sammeln und mit namhaften Acts dieselbe Bühne teilen, was waren denn das die bisherigen Highlights, die ihr euren Lebtag nicht vergessen werdet?

Jannik:
Besonders cool war die Tour im Frühjahr mit Ingrimm und Cumulo Nimbus. Für uns war es ja die erste zusammenhängende Tour und insofern sowieso sehr aufregend, aber mit den tollen Jungs und Mädels der anderen Bands zu rocken, unterwegs zu sein und natürlich zu zechen, hat dem Ganzen echt nochmal einen draufgesetzt. Eins der größten Highlights war zweifellos unsere relativ chaotische Performance von Metallicas Seek and Destroy im Februar in der Pumpe in Kiel. Einfach nur lustig! Generell ist es immer wieder schön, dass einen Konzerte innerhalb dieses Genres häufig in äußerst schicke Locations bringen. Festivals in Burgen oder in einem Amphitheater, wie auf dem Spectaculum Infernum in Northeim, wo wir unter anderem mit Tanzwut und Schelmish gespielt haben, machen nochmal besonders viel Spaß, weil das Ambiente so gut passt.

Otti:
Auch im Mittelalterbereich gibt es ja verschiedene Ideologien. Die einen fühlen sich eher den Kelten verbunden, andere den Germanen und viele auch der skandinavischen Mythologie. Welcher dieser Richtungen fühlt ihr euch am ehesten verbunden?

Jannik:
Wir bedienen uns da gerne verschiedener Elemente und würden uns dabei gegenüber keiner Richtung als wirklich zugehörig betrachten. Wir haben da kein festes Konzept, dass uns vorschreibt vorwiegend über Themen oder Geschichten einer bestimmten ideologischen Strömung zu schreiben. Alles hat natürlich seine historische Note. Wir haben auch ein paar Gedichtsvertounungen auf unserem Album. Blutgericht basiert zum Beispiel auf dem Gedicht Die schlesischen Weber von Heinrich Heine. Das wiederum stammt aus der Zeit der Industrialisierung in Europa. Diese ganze Mittelalter-Thematik ist eher ein Rahmenkonzept, das viel Freiraum zu kreativer Eigenständigkeit lässt.


"Wir sind schon sehr gespannt auf die Reaktionen zum Album und wohin unser Weg führt."

Otti:
Angenommen, eine Fee würde euch - um nicht von euch verspeist zu werden - drei Wünsche erfüllen, die aber alle mit der Band und eurer Musik zu tun haben müssten, welche wären das?

Jannik:
Auf jeden Fall würden wir uns wünschen, dass das Album einschlägt wie ne Bombe! Außerdem, dass wir in der jetzigen Formation bis zum Schluss zusammenbleiben und zu guter Letzt, dass uns niemals der Wille und die Inspiration für Wandel und Abwechslungsreichtum in unserer Musik abhanden kommt. Und dann ab in den Topf!

www.vogelfrey.net

Art des Interviews: Email
11/10/10 by Otti
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